Als ich mir das zweite mal meinen Arm brach, lag ich einige Tage im Krankenhaus. Mein Vater schenkte mir Die Säulen der Erde, den Vorgänger der Tore der Welt. Diese Buch entpuppte mich zu einem meiner Lieblingsbücher.
Was beeindruckte mich? Ich glaube die gehobene Sprache Folletts, die technischen und praktischen Erklärungen, das Vertrackte in dem Buch, die mittelalterlichen Intrigen und Machtkämpfe, die Faszination an Kathedralen und ihrer Architektur.
Nun habe ich in Kiel angefangen, die Fortsetzung zu lesen. Heute bin ich endlich fertig.
In Die Säulen der Erde wird erzählt, wie ein Baumeister davon träumt, eine Kathedrale zu erbauen, den Bau beginnt, und das Gebäude nach seinem Tod und unzähligen weiteren Hürden von seinem Stiefsohn, Jack, fertig gestellt wird. Der Bau der Kathedrale wird begleitet von Geschehnissen in England und Europa, von menschlichen Beziehungen innerhalb des Klosters, der Stadt Kingsbridge und Südengland.
In Die Tore der Welt ist Kingsbridge zu einer großen Handelsstadt herangewachsen. Südengland, Kingsbridge und das Kloster sind geprägt von menschlichen Beziehungen, Europa und England voll von Geschehnissen. All das wird begleitet von verschiedenen Bauvorhaben – eine Brücke, zwei Hospitäler, eine Schatzkammer, einige Paläste und unzählige bürgerliche Hauser, letztendlich der größte Kirchturm Englands, diesmal hauptsächlich von einem einzigen Baumeister. Er ist Nachfahre von Jack.
Was blieb beeindruckend?
War die Sprache in den Säulen der Erde wirklich so geil oder kam mir das nur so vor und bin ich inzwischen wesentlich anspruchsvoller? Es kam mir …normal… vor.
Nur selten wurde ein Ort, ein Gegenstand, ein Aspekt wirklich ausführlich erklärt. Man konnte sich etwas bei einem besonderen Brückenpfeiler vorstellen, aber genauere Beschreibungen, Details, all das architektonisch interessante blieb größtenteils auf der Strecke, so war es auch bei anderen Details, die Gründlichkeit aus den Säulen der Erde habe ich sehr vermisst.
Es hat mich an schlechtes Nachmittagsfernsehen erinnert: Jeder schläft mit jedem, die Kinder sind immer vom falschen und mal wird danach geheiratet, mal gemordet und mal kommt halt ein Kind, das wird dann mal abgetrieben mal auch nicht. Die Priester, Mönche und Nonnen stecken mittendrin, eigentlich darf jeder mitmachen.
Dann gibt es noch die Emanzipation der Frau, medizinische Aufklärung.
Natürlich gibt es Krieg mit Frankreich, eine Intrige im Königshaus, die Pest, alles, was ins Mittelalter gehört, wurde beschrieben.
Dennoch fehlt etwas, vieles, vielleicht das Wichtigste.
Zum einen ist in dem Buch wenig, wie im Vorgänger, vertrackt. Damit meine ich, dass es beim Bau der Kathedrale mindestens zehn größere Hürden gab, die es zu meistern gab. Jede Hürde bestand aus vielen kleinen. Die Hürden konnten Naturgewalten sein, konnten Machtgelüste sein, konnten Ignoranz sein, Tod oder irgendwas anderes.
Da im Nachfolger das große Vorhaben nicht erkennbar war, sondern eher im Happy End einer glücklichen Stadt mit glücklichen Menschen bestand, waren die großen Hürden mehr die Etappen zu einer glücklichen Stadt, also eine Brücke, die Bewältigung der Pest, florierender Handel oder die Unabhängigkeit.
In meinen Augen war das aber dennoch zielloses Schreiben und Lesen. Die zahlreichen Beziehungen zwischen den Hauptpersonen waren unglaublich öde und berechenbar. Vertrackt ist, wenn die nächste Hürde unberechenbar ist.
Zum andern fehlen die geilen Intrigen. Sie sind in Die Säulen der Erde sehr gut verbunden mit dem Bau der Kathedrale und den Hürden. Es gibt viele Intrigen, weil es viele Anwärter auf den Thron gibt, weil es viele Grafen etc. gibt, weil weltliche und geistliche Machthabende ohne den jeweils anderen nicht auskommen dürfen oder können.
Die Inhaltsbeschreibung im Buchumschlag von Die Tore der Welt macht genau darauf neugierig: „Dort werden sie Zeugen eines Kampfes — und eines tödlichen Geheimnisses. (…) Und immer wird der Schwur sie verfolgen, den sie an jenem schicksalhaften Tage leisteten.“ Wie geil hört sich das bitte an? Was gemeint ist? In einem der ersten Kapitel wird eine Schriftrolle vergraben. In einem Kapitel mehr in der Mitte kommt die Angst auf, dass dieses Schreiben bei den falschen aufgetaucht ist. Wenig später Entwarnung. In einem der letzten Kapitel wird die Schriftrolle wieder ausgegraben, als unwichtig weil verjährt empfunden und wieder eingegraben. Das ist nix.
Und irgendwie ist das Buch im Vergleich zu seinem großen Bruder auch insgesamt nix. Das finde ich ziemlich schade. Aber jetzt bin ich endlich fertig mit Lesen und kann drüber herziehen.
Der größte Unterschied und das Problem ist denke ich die Umkehrung der Handlung. Die Säulen der Erde hat um ein Vorhaben eine komplexe Handlung gelegt. Die Tore der Welt hat mehrere Handlungen mit mehreren Vorhaben verknüpft und die Handlungen im Vordergrund belassen.
Ich hätte auch gerne den geilsten Satz des Buches zitiert, aber der Zettel zur Markierung ist herausgefallen, ich hab mir den Satz nicht gemerkt und ich will das Buch jetzt auch nicht noch mal lesen. Dafür hat es mich schon beim ersten Mal zu doll gelangweilt. Also bleibt der Satz in den Tiefen dieses oberflächlichen Buches verborgen.
gabriel
Ein rauer Seebär mit einem Herz für Literaturkritik :D
haha, wohl war
Jo Zuviel kann man wohl trinken, doch nie trinkt man genug.
Haha, nicht des Links wegen, sondern des Spruchs^^