Das Meer ist keine Heimat

Gestern Abend lief bei Arte die Dokumentation „Das Meer ist meine Heimat“. Heute Nachmittag hab ich mir zwischen all den Prüfungsvorbereitungen die Zeit genommen und den Film angesehen. Es hat sich gelohnt.

Die Doku portraitiert die Besatzung der MV African Forest auf ihrer Reise zwischen Europa und Zentralafrika. Das Schiff gehört zu einer Bremer Reederei und fährt unter der Flagge von Antigua & Barbuda. Neben Ladungssicherung, Navigation und Ausbildung steht das Private der Seeleute besonders im Fokus der Filmcrew.
Das nachdenkliche Schauen über die Reling während der Ruhe auf See oder der Ein- und Ausfahrt in den Hafen, zusammengefasst: während des Wartens. Das vorsichtige Tasten und Annähern zwischen äußerst unterschiedlichen und zufällig zusammengekommenen Charakteren, auf der Suche nach vertrauensvollen Gesprächspartnern, unabhängig oder doch abhängig von Rang und Stellung. Der Versuch, sich die lange Zeit miteinander so angenehm wie möglich zu machen, hier schöner, aber nicht selbstverständlicher Weise über die kulturellen Unterschiede hinweg. Die Suche nach Mobilfunknetz und die Erwartung einer guten Seemannsmission während Ankunft, Reede und Hafen. Die innere Anspannung während der kurzen Hafenliegezeit, hin und hergerissen von der Pflicht, zu arbeiten, und dem Wunsch, an Land zu kommen. Und schließlich die immerwährende Sehnsucht so viel Zeit wie möglich über Skype oder Telefon mit seinen Lieben in der Heimat zu erhaschen, egal, wie schlecht die Internetverbindung ist. Das Nachdenken über die Gründe, die die Seeleute zu ihrem Beruf gebracht haben, über das Verhältnis von Arbeit, Geld, Leben und Glück.

Ich glaube, für viele, die die Seefahrt nur aus Erzählungen kennen, ist es oft schwierig, sich ein Bild vom tatsächlichen Bordleben von heute zu machen. Während des Schauens habe ich unglaublich oft an eigene, ähnliche Situationen denken müssen. Der Film zeigt auf eine äußerst ruhige und ehrliche Art und Weise eine der Besatzungen einer der vielen kleinen Parallelwelten, die auf den Weltmeeren unterwegs sind. Immer im Bemühen, die Bande zum Rest der Welt nicht zerreißen zu lassen. Ich empfehle den Film jedem, der in die dort dokumentierten persönlichen Gedankenwelten einsteigen möchte.

„Das Meer ist meine Heimat“ ist wohl noch bis kommenden Freitag in der Mediathek als Stream zu finden.

gabriel